Zehn Jahre lang war für den Knipser Canon das Maß der Technik, bei dem andere Marken kaum mithalten konnten. Schon die Auswahl der Objektive ist bei den Japanern derart überbordend, erst recht, seit andere Asiaten wie Sigma, Tamron oder neuerdings Samyang aus Korea brauchbare Linsen in den Markt werfen, als dass es keine Vorstellungen und Wünsche geben dürfte, die nicht erfüllt werden könnten. Allenfalls Nikon wäre eine Alternative, eine Entscheidung, die in der Vergangenheit am Beginn jeder Fotografenkarriere stand.
Die Entwicklung ist nicht stehen geblieben. Smartphones sind heuer in der Lage, eine Qualität zu realisieren, ausreichend, mit solch einem Teil sogar Fernsehsendungen zu produzieren. Immer häufiger sieht man Fotografen mit Apparaten von Sony, Lumix oder Olympus um den Hals herumlaufen. Spiegelreflexkameras sind out und werden auf den Gebrauchtmärkten zu Schleuderpreisen vertickt. Wenn überhaupt eine Kamera, dann sind es „Spiegellose“, die die Herzen der Enthusiasten und Profis gleichermaßen erwärmen.
Die unlängst mir von einem Kollegen zur Verfügung gestellte Fujifilm X-Pro1, immerhin über 10 Jahre alt, ließ den Knipser das bisher verfolgte Konzept überdenken, ist doch das Modell in der Lage, Bilder auf Profiniveau zu produzieren. Recherche und nochmals Recherche (Test) ließ mich die Auswahl der Fotoapparate einkreisen, die sowohl preislich, als auch ausstattungsmäßig meinen Vorstellungen nahe kämen. Die Kaufabsicht entstand mit dem Angebot. Ein zweifelhafter E-Bay-Händler verschacherte angebliche B-Waren der X-T20 zum Sonderangebot. Ganze fünf Exemplare wechselten den Besitzer innerhalb von vier Minuten. Eines davon, dass sich als tadellose Neuware entpuppte, gelangte mit Glück in das heimische Ausrüstungsarsenal. Kurz darauf konnte ich noch ein passendes Kit-Objektiv zum Sparkurs erwerben. Am interessantesten ist es jedoch, das Modell mit alten Linsen zu verwenden.
Dank verschiedener, interner Filmemulatoren gelingen auf die Art digitale Fotos, die bemerkenswert „analog“ anmuten. Unterstützt wird dieser Ansatz dadurch, dass die Belichtungsparameter wie bei den Klassikern an diversen Rädchen eingestellt werden. Selbst die Blende wird am Objektiv gewählt. Die größte Stärke der Fujifilm-Kameras liegt in ihrem Umgang mit Licht. Durch eine alternative Sensor-Architektur gelingen sehr brauchbare Aufnahmen auch jenseits der 3200-ISO-Grenze. Die Kamera versieht die Lichtbilder mit einem feinen, dafür sehr aparten und natürlichen Korn, so dass derartige Aufnahmen selbst gehobenen Ansprüchen gerecht werden dürften.
Was neben aller bildnerischen Qualitätsmerkmale die Kamera so attraktiv macht, ist ihre Größe. Trotz der kompakten Ausmaße einer Pentax ME, seinerzeit die kleinste Spiegelreflex für Kleinbild, sind Aufnahmen möglich, die der Knipser sonst von einer Vollformatkamera gewöhnt war, dank der ungeahnten ISO-Zahlen selbst mit vergleichsweise lichtschwachen Objektiven. Gerade in den Grenzbereichen zeigt sich, was so ein Apparat wirklich kann – und animiert zum Experimentieren.
Spandau, 1. Februar 2023:
Objektiv: Fujinon 18-55mm/f2,8-4
©scottiberlin
[…] Systemknipse mit „analogem“ Charme 3. Februar 2023 […]